Fraktion in der
Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe

Anfrage der Gruppe DIE LINKE. im LWL betr. Rechtsextreme im LWL

Anfrage an die Verwaltung vom 26.3.2020:

Sehr geehrter Herr Löb,

Samuel Salzborn umschreibt in seinem Aufsatz “Renaissance der „Neuen Rechten“ in Deutschland? Zur Diskussion über neurechte Elemente im gegenwärtigen deutschen Rechtsextremismus” die Neuausrichtung rechtextremer Betätigungsfelder.

Ein strategisches Ziel besteht darin, das gesellschaftlich zulässige Meinungsspektrum zu erweitern und den Mainstream in ihrem Sinne zu prägen.

Im Sinne einer solchen Metapolitik, ist die Deutung und Vermittlung von Geschichte immens wichtig. Die Vorstellung eines völkisch-rassistischen Bezugspunktes ist dabei von zentraler Bedeutung. Die Vereinnahmung des Germanentums ist bei Neonazis weit verbreitet.

Betätigungen von Rechtsextremen in Bereichen wie bspw. Mittelaltermärkten, Reenactment oder Living History sind zu befürchten. Auch der als mutmaßlicher Rechtsterrorist festgenommene Verwaltungsmitarbeiter der Polizei NRW betätigte sich im Bereich des Reenactment.

Dabei kann bspw. die Anstellung als freier Mitarbeiter oder als Honorarkraft in einem Museum als “wissenschaftliche Adelung” in Kreisen außerhalb des jeweiligen Einsatzortes dienen.

Daher bitten wir um Beantwortung folgender Fragen:

  1. Ist der Verwaltung bekannt, ob unter den Mitarbeiter*innen des LWL einschlägig vorbestrafte oder in Erscheinung getretene Personen sind?
  2. Ist der Verwaltung bekannt, ob unter den freien Mitarbeiter*innen oder Honorarkräften des LWL oder seiner Kultureinrichtungen einschlägig vorbestrafte oder in Erscheinung getretene Personen sind?
  3. Ist der Verwaltung bekannt, ob unter den ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger*innen des LWL einschlägig vorbestrafte oder in Erscheinung getretene Personen sind?
  4. Überprüft die Verwaltung bei Einstellungen, Beschäftigung von Honorarkräften oder freien Mitarbeiter*innen, ob sie in der rechtsextremen Szene aktiv sind?

Mit freundlichen Grüßen!

Rolf Kohn                                                            f.d.R. Stefan Müller
Sprecher der Gruppe DIE LINKE.                       Gruppengeschäftsführer


Antwort der Verwaltung (Landesdirektor Matthias Löb) vom 11.5.2020:

Sehr geehrte Damen und Herren,

zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:

1. Ist der Verwaltung bekannt, ob unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des LWL einschlägig vorbestrafte oder in Erscheinung getretene Personen sind?

Der Zugang zu öffentlichen Ämtern erfolgt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der einzutellenden Personen. Im Rahmen der Feststellung der Eignung bei Einstellungen im LWL erfolgt unter anderem die Anforderung eines aktuellen Führungszeugnisses nach dem Bundeszentralregistergesetz. Im laufenden Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis erhält der LWL darüber hinaus durch Gerichte und Staatsanwaltschaften gemäß der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) Informationen u.a. über die Erhebung der öffentlichen Klage und das Urteil. In Strafsachen wegen eines Verbrechens hat die Übermittlung stets, in Strafsachen wegen eines Vergehens dann zu erfolgen, wenn der Tatvorwurf auf eine Verletzung von Pflichten schließen lässt, die bei der Ausübung des Dienstes bzw. des Berufs zu beachten sind, oder er in anderer Weise geeignet ist, Zweifel an der Eignung, Zuverlässigkeit oder Befähigung hervorzurufen. Unabhängig davon wird entsprechenden konkreten Hinweisen selbstverständlich nachgegangen.

Damit werden alle Möglichkeiten ausgeschöpft um auszuschließen, dass einschlägig vorbestrafte Personen beim LWL beschäftigt sind. Auch einschlägig in Erscheinung getretene Personen sind in keiner Dienststelle bekannt.

 

2. Ist der Verwaltung bekannt, ob unter den freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Honorarkräften des LWL oder seiner Kultureinrichtungen einschlägig vorbestrafte oder in Erscheinung getretene Personen sind?

Der Verwaltung ist nicht bekannt, dass unter den freien Mitarbeitenden oder Honorarkräften einschlägig vorbestrafte oder im rechten Milieu in Erscheinung getretene Personen sind. Bei entsprechenden Auffälligkeiten würden umgehend vertragsrechtlich mögliche Schritte eingeleitet.

 

3. Ist der Verwaltung bekannt, ob unter den ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegerinnen und Bodendenkmalpflegern des LWL einschlägig vorbestrafte oder in Erscheinung getretene Personen sind?

Es gibt ehrenamtlich Tätige im Bereich der Bodendenkmalpflege, die sogenannten Beauftragten für Denkmalpflege gem. §24 Denkmalschutzgesetz. Diese werden von den unteren Denkmalschutzbehörden bestellt. Auch bei diesem Personenkreis sind keine vorbestraften oder in Erscheinung getretenen Personen bekannt.

Daneben gibt es sogenannte Sondengänger. Hierbei handelt es sich um einen anderen Personenkreis, bei dem nur zu einem ganz geringen Anteil Überschneidungen mit den o.g. Beauftragten für den Denkmalpflege bestehen. Sie werden formal von den Kreisen und kreisfreien Städten für Sondierungen auf den jeweiligen Kreis- bzw. Stadtgebieten lizensiert. Die LWL-Archäologie für Westfalen hingegen erteilt nur in sehr geringem Umfang und nur von Zeit zu Zeit Begehungsaufträge im Rahmen von archäologischen Sondierungen an lizensierte Sondengänger. Der Verwaltung ist bei diesem Personenkreis ebenfalls niemand bekannt, der im rechten Milieu tätig wäre.

Eine Besonderheit gibt es in Ostwestfalen-Lippe:

Hier gibt es den Verein „Gesellschaft zur Förderung der Bodendenkmalpflege im Kreis Minden-Lübbecke“, der rechtsextreme Tendenzen hat. Im Internet kursieren Behauptungen, der Vereinsgründer sei einschlägig vorbestraft. Die Mitglieder des Vereins treten nach außen fälschlicherweise häufig als ehrenamtliche Mitarbeiter bzw. Unterstützer der der LWL-Archäologie für Westfalen auf. Mit den betroffenen Personen und dem Verein selbst wird nur das gesetzlich notwendige Maß der Zusammenarbeit eingehalten. Seitens des Vereins hat es daher im Zusammenhang mit einer Tagung bereits Beschwerden gegeben, dass die Außenstelle Bielefeld der LWL-Archäologie nicht mit Ehrenamtlichen zusammenarbeiten würde. Der Verein besteht aus Sondengängern, die regelmäßig nach den gesetzlichen Auflagen Funde melden. Es ist dem LWL rechtlich nicht möglich, Sondengängern entsprechende Erlaubnisse allein aufgrund einer politischen Einstellung oder wegen der Mitgliedschaft in einem Verein, der rechtsextreme Tendenzen hat, zu verweigern, zumal in diesem Verein auch seriöse langjährige ehrenamtliche Geschichtsfreunde und Sammler sind. Die Verwaltung ist jedoch stets auf Distanz zu diesem Verein bedacht und betreibt Aufklärung in den entsprechenden Netzwerken.

 

4. Überprüft die Verwaltung bei Einstellungen, Beschäftigung von Honorarkräften oder freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ob sie in der rechtsextremen Szene aktiv sind?

Soweit eine Überprüfung von Honorarkräften oder freien Mitarbeitern möglich ist, erfolgt sie durch Nachfragen in entsprechenden Netzwerken. Wissenschaftliche Mitarbeitende werden in der Regel nach persönlicher und fachlicher Bekanntheit ausgesucht. Häufig handelt es sich dabei um langjährige Kontakte, die nicht durch verfassungswidriges Gedankengut aufgefallen sind.

Mit freundlichem Gruß

Matthias Löb