Sehr geehrter Herr Landesrat,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Gäste,
Nicht nur zum Ende einer Wahlperiode sollten wir uns die gesellschaftlichen, politischen und finanziellen Rahmenbedingungen anschauen, unter denen wir in der Landschaftsversammlung unsere Beschlüsse fassen, letztendlich unseren Haushalt verabschieden.
Meine Damen und Herren,
Wir leben in einer Welt der politischen Umbrüche, der Handelskriege und Kriege und der erhöhten Kriegsgefahr auch für unser Land. Die Bundesregierung will in den kommenden Jahren 30 Milliarden mehr für Rüstung ausgeben. Seit Jahren ist Deutschland einer der größten Waffenexporteur der Welt und macht damit viele Kriege möglich.
Wir leben in einer Welt, in der Teile der Klimakatastrophe bereits unumkehrbar sind. Viele Menschen verlieren schon heute ihre Wohnung und Heimat durch klimabedingte Überschwemmungs- und Brandkatastrophen, von Venedig bis Australien und Kalifornien.
Wir leben in einer Welt, in der ethische Grundsätze, Menschenwürde, Selbstbestimmung und Menschenrechte über Bord geworfen werden. Es geht um politische Macht, Gier und Profit. Und die Menschen bleiben auf der Strecke – dazu nur drei Beispiele aus ganz unterschiedlichen Bereichen:
- Menschen, die vor Krieg, Hunger und Umweltkatastrophen fliehen, lässt Europa im Meer ertrinken.
- Kurdinnen und Kurden waren uns im Krieg gegen die Terrormiliz Islamischer Staat treue Verbündete. Jetzt werden sie Erdogan und dem türkischen Militär geopfert. Das einzige, was US-Präsident Trump jetzt verteidigt, sind die Ölfelder in Syrien, nicht die Menschen.
- Renate Kühnast von den GRÜNEN wird als „geisteskrank“ beschimpft – es passiert nichts,
- das Auto des Behindertenpolitischen Sprechers der LINKEN im Bundestag Sören Pellmann wird angezündet und verbrennt – es passiert nichts,
- der CDU-Politiker Walter Lübcke wird von einem Rechtsextremen erschossen – es passiert nichts!
Liebe Gäste,
meine Damen und Herren,
Herr Landesrat,
Die oben genannten Rahmenbedingungen und Beispiele haben direkte Folgen auf unser Handeln in der Landschaftsversammlung, auf unseren finanziellen Rahmen, direkte Folgen für Menschen mit Behinderungen in unseren Städten und Kreisen.
Die 30 Milliarden EURO mehr für Rüstung werden mit Kürzungen im sozialen Bereich finanziert werden.
Viele soziale Leistungen werden schon heute unter Kostenvorbehalt gestellt, es wird und soll weiter auf Kosten von Selbstbestimmung und Menschenwürde gekürzt werden. Dazu ein paar Beispiele aus dem Landschaftsverband:
- kaum jemand redet noch darüber, daß im LWL auf Kosten von Menschen mit Behinderungen zwangsgepoolt wird.
- Die Verwaltung und die politische Mehrheit von CDU und SPD in der Landschaftsversammlung akzeptieren stillschweigend, daß die Fahrdienste für den LWL oft den Mindestlohn unterlaufen, indem die Fahrer*innen unbezahlte Arbeit leisten müssen.
- Die notwendigen Fachleistungsstunden für Menschen mit Behinderungen werden gekürzt oder zu spät bewilligt.
So spart der LWL auf Kosten von Menschen mit Behinderungen und Beschäftigten, auf Kosten von Selbstbestimmung, Menschenwürde und ausreichendem Lohn Millionen EURO.
O LWL, O LWL – wo sind denn Eure Werte wurde eben von den Aktivist*innen von fossilfree zurecht gesungen.
Und es ist doch ein doppelter politischer Offenbarungseid, wenn die politische Mehrheit nur einen geringen Teil der RWE-Aktien verkauft, mit der Begründung, daß davon soziale und kulturelle Projekte gefördert werden. Zum Einen heißt das, das CDU, SPD und FDP die kommende Klimakatastrophe negieren, Zum Anderen ist es das Eingeständnis, daß im sozialen und kulturellen Bereich große Defizite vorhanden sind.
Wir haben mit unseren Anträgen und Anfragen in der Vergangenheit Defizite aufgezeigt und andere Wege vorgeschlagen. Als Beispiele möchte ich nennen:
- Wir haben die Erhöhung der Fachleistungsstunden beantragt
- Wir haben die Erhöhung der Mittel für Demokratie und Partizipation beantragt
- Wir haben in einer Anfrage das Outsourcen von Bereichen in den LWL-Museen (Kasse, Sicherheit) problematisiert
In offenen Fraktionssitzungen, Konferenzen und einer Ausstellung haben wir über die Zukunft der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen diskutiert, die Herkunft unserer Kulturgüter in den Museen und im Privatbesitz problematisiert oder uns auch über Ethik, Euthanasie, Gedenkstätten beim LWL und die aktuellen gefährliche Entwicklungen wie die Pränataldiagnostik ausgetauscht. Und wenn Herr Sternbacher eben von der höheren Lebenserwartung von Menschen mit Downsyndrom, dann besteht durch die Pränataldiagnostik gerade die Gefahr, dass diese gar nicht mehr geboren werden.
Meine Damen und Herren,
Der LWL trägt in Westfalen-Lippe mit die Verantwortung dafür,
– ob Menschen mit Behinderungen am sozialen und politischen Leben teilhaben können,
- wie die Lebens- und Gesundungsbedingungen von psychisch erkrankten Menschen sind,
- ob alle Menschen sich ohne soziale Barrieren kulturell bilden können
- ob ehemaligen Heimkindern, die unmenschlichen Medikamentenversuchen ausgesetzt waren, endlich Gerechtigkeit und Entschädigung zukommt.
Bisher nimmt der LWL die Verantwortung nicht ausreichend oder umfassend wahr. Eine Grundlage dafür, dies zu verändern, wäre eine ausreichende Finanzierung dieser Ausgaben. Dies ist mit dem vorliegendem Haushaltsentwurf nicht gegeben.
Ein Schritt zu einer verantwortungsvollen Politik gegenüber den Menschen mit Behinderungen und den Beschäftigten wäre die Beibehaltung der von der Verwaltung vorgeschlagenen Umlagehöhe gewesen. Diesen Schritt in die richtige Richtung haben CDU, FDP, SPD und die westfälischen Piraten mit der Senkung der Umlage verhindert.
Wir lehnen den Haushalt deswegen ab.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!