Fraktion in der
Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe

Rechenschaftsbericht März 2018 bis Januar 2019

Rede von Selda Izci, gehalten beim Landesrat der Partei DIE LINKE. NRW am 26. Januar 2019 in Oberhausen:

Liebe Genossinnen und Genossen,

am 19. Dezember des letzten Jahres haben Werner Sell aus Selm und Petra Tautorat aus Dortmund die Fraktion DIE LINKE. im LWL verlassen. Werner hatte schon vorher zweimal mit der Spaltung der Fraktion gedroht oder z.B. eine Sitzung der Fraktion heimlich mitgeschnitten. Auch Petra hatte ihre Arbeit mit der Fraktion eingestellt und mehrere Gesprächsangebote und auch eine Mediation abgelehnt.

Die Folge davon ist, dass DIE LINKE. im Landschaftsverband Westfalen-Lippe nur noch mit einer Gruppe vertreten ist, in ihren parlamentarischen Möglichkeiten und Ressourcen erheblich geschwächt wurde. Werner Sell ist inzwischen aus unserer Partei ausgetreten.

Konkret heißt das leider auch: durch den Austritt von Werner und Petra hatten unsere beiden Geschäftsführer*innen von heute auf morgen keine Arbeit mehr! Wir haben dann schnell eine Gruppe gegründet, haben aber mehr als  20.000 EURO weniger Zuwendungen im Jahr und konnten leider nur 1 Geschäftsführer wieder einstellen. Werner und Petra haben genau diese Summe mitgenommen und wären dadurch eigentlich moralisch in der Verpflichtung, die bisherige Geschäftsführerin auch weiter zu beschäftigen.

Aber: Wir haben unsere erste Gruppenversammlung mit 8 Mitgliedern gehabt, die Mehrheit der sachkundigen Bürger*innen bleibt in unserer Gruppe. Der Landesvorstand hat in seiner letzten Sitzung unsere Gruppe als Vertretung der LINKEN in der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe einstimmig anerkannt. Wir arbeiten weiter:

  • Auch in Zukunft werdet Ihr von uns jährlich eingeladen, Euch mit uns über Eure und unsere Arbeit auszutauschen.
  • Als nächstes Projekt unserer Gruppe findet eine Ausstellung im Landeshaus statt zum Thema Provenienz, begleitet von Veranstaltungen und Filmvorführungen, zu der Ihr herzlich eingeladen seid
  • Wir würden uns freuen, wenn wir von Euch in Eure Fraktionen eingeladen werden, um über unsere Arbeit im LWL zu berichten: in allen Kreisen und kreisfreien Städten gibt es ja Einrichtungen des Landschaftsverbandes

Nun komme ich kurz noch zu einem Schwerpunkt der Arbeit unserer Fraktion im letzten Jahr – von der gemeinsamen Konferenz zum Thema Werkstätten mit Behinderungen mit unserer Schwesterfraktion im LVR hat Euch Barbara Wagner ja gerade schon berichtet.

Ein zweiter Schwerpunkt unserer Arbeit waren die Medikamentenversuche an den ehemaligen Heimkindern. Ihr wisst sicher, daß von 1950-1975 mehr als 800.000 Kinder in Heimen lebten. Dort herrschte oft die schwarze Pädagogik, d.h. die Kinder und Jugendlichen wurden gedemütigt, misshandelt, emotional vernachlässigt, diskriminiert oder sogar missbraucht. Seit Jahren haben wir uns als Fraktion mit der Aufdeckung beschäftigt und unser gemeinsamer Arbeitskreis mit der LVR-Fraktion, ehemaligen Heimkindern und Wissenschaftler*innen hat sehr erfolgreich gearbeitet.

Medikamentenversuche an ehemaligen Heimkindern wurden im Auftrag der Pharmaindustrie durchgeführt, teilweise mit Wissen oder sogar im Auftrag von Landes- und Bundesbehörden. Allein in Niedersachsen waren davon 2000 Kinder betroffen. Und die Kinder und Jugendlichen, und oft auch die Eltern und Betreuer*innen wussten davon nichts. Es wurden Medikamente unter Zwang verabreicht und medizinische Eingriffe durchgeführt. Die ehemaligen Heimkinder leiden bis heute unter den gesundheitlichen Folgen, oft wurde ihr ganzes weiteres Leben dadurch bestimmt.

Nachdem von Seiten der Verantwortlichen Alles versucht wurde, diesen Skandal zu vertuschen oder zu deckeln, ist es gelungen – auch maßgeblich durch unseren Arbeitskreis – viel Öffentlichkeit herzustellen: Es gab Zeitungsberichte, Fernsehsendungen und auch Anhörungen in Landtagen, an denen Mitglieder unseres Arbeitskreises beteiligt waren.

Ein Höhepunkt davon war ein öffentliches Fachgespräch unserer Bundestagsfraktion am 14. Dezember in Berlin, das wir gemeinsam vorbereitet haben. Dies hat viel Aufmerksamkeit erzeugt: berichtet wurde in Zeitungen vom Neuen Deutschland bis zur Apothekerzeitung. Hier möchten wir uns bei der Bundestagsfraktion und besonders bei Sylvia Gabelmann und Friedrich Straetmanns, unseren Bundestagsabgeordneten aus NRW bedanken, die mit dafür gesorgt haben, daß diese Veranstaltung stattfinden konnte.

Zum Schluß komme ich noch zu einer Einladung:

Am letzten Märzwochenende eröffnen wir unsere Ausstellung zum Thema Provenienz.

Was heisst Provenienz? In der Zeit des Faschismus wurden der jüdischen Bevölkerung, als sie fliehen mußten oder ins KZ gebracht wurden, ihr Hab und Gut geraubt. Dies waren nicht nur die großen Kunstwerke, sondern auch Schränke, Tisch und Stuhl, Wäsche oder auch ihr Haus. Dies wurde sorgfältig von der Finanzverwaltung in Listen erfasst und für wenig oder kein Geld z.B. an Nachbarn gegeben.

Wolfgang Dreßen hat dies in einem Buch dokumentiert, und eine Ausstellung daraus gemacht.

Es werden 2 Filme gezeigt, es gibt Führungen durch die Ausstellung und eine Podiumsdiskussion.

Zu alldem seid Ihr herzlich eingeladen!

Natürlich bekommt Ihr noch eine Einladung, mit den genauen Zeiten und dem gesamten Programm. Und vielleicht könnt Ihr ja auch in Eurer Stadt nachfragen, ob schon nachgeforscht wurde, woher die Kunstwerke oder Ausstellungsstücke in den Museen kommen. In Mecklenburg-Vorpommern wurde Ende des Jahres festgestellt, daß die Herkunft von hunderten Ausstellungstücken in den Museen unklar ist. „Sie könnten in der NS-Zeit geraubt sein.“

Ein spannendes Thema – vielleicht auch in Eurer Stadt.

Wir machen weiter: Linke Politik im LWL. In der Jugendhilfe, Kultur und auch der Behindertenhilfe. Wir würden uns freuen, wenn die Zusammenarbeit mit den Kommunen und den Fraktionen intensiviert werden könnte.

Foto von Selda Izci