Am 13.12.2016 brachte die Fraktion DIE LINKE mit Vorlage 14/1035 eine Anfrage zur „umgekehrten Inklusion“ in LWL-Schulen in die Sitzung des Schulausschusses ein. Zu den Fragen nimmt die Verwaltung wie folgt Stellung:
1. Wie steht die Verwaltung zur Frage der „umgekehrten Inklusion“
2. Strebt die Verwaltung eine Öffnung der Förderschulen an?
3. Welche gesetzlichen Bestimmungen sprechen derzeit dagegen?
4. Wie schätzt die Verwaltung die Wahrscheinlichkeit bzw. und / oder Durchführbarkeit einer Gesetzesänderung ein? Könnte der LWL hier Einfluss nehmen?
5. Wie steht der LWL zur Rechtsverbindlichkeit der UN-Behindertenrechtskonvention? Diese wurde vom NRW-Parteivorsitzenden der FDP auf deren letztem Parteitag in Frage gestellt.
Fragen 1-4:
Nach aktueller Gesetzeslage ist die „umgekehrte Inklusion“ im engeren Sinne nicht möglich. Ein inklusives Schulangebot, d.h. das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung kommt nur in Allgemeinen Schulen, nicht aber in Förderschulen in Betracht.
Die Landschaftsverbände sind in § 78 Abs. 3 Schulgesetz NRW ausdrücklich als Träger der Förderschulen mit den Förderschwerpunkten Körperliche und motorische Entwicklung, Hören und Kommunikation, Sehen sowie Sprache in der Sek I benannt. Sie sind nicht Träger Allgemeiner Schulen und können insoweit an ihren Schulen keine Schülerinnen und Schülern ohne Förderbedarf aufnehmen.
In verschiedenen Gesprächen haben die Vertreterinnen und Vertreter des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes NRW ( MSW NRW ) wiederholt darauf verwiesen, dass eine Öffnung der Förderschulen im Sinne einer „umgekehrten Inklusion“ im engeren Sinne nicht in Betracht komme.
Unter dem Aspekt des verantwortlichen Umgangs mit Ressourcen und einer optimalen Nutzung der an den Schulen der Landschaftsverbände vorhandenen räumlichen Bedingungen und fachlichen Kompetenzen sowie zur Vermeidung einer Entwicklung von verbleibenden Förderschulen nur für schwerstmehrfachbehinderte Kinder, die damit zu den „Verlierern“ der Inklusion im Bildungsbereich gemacht würden, ist die Verwaltung nach wie vor davon überzeugt, dass die Förderschulen im fortschreitenden Inklusionsprozess auch für Kinder und Jugendliche ohne Behinderung und besondere Förderbedarfe geöffnet werden müssen.
Die Schulorganisation im Bereich der Förderschulen als Teil einer inklusiven Schullandschaft muss insoweit im Inklusionsprozess fortlaufend weitergedacht- und entwickelt werden.
Basierend auf der aktuellen Gesetzeslage kommt eine Öffnung der Förderschulen auf der Grundlage von Kooperationen in Betracht, die beispielhaft wie folgt ausgestaltet sein können:
• Eine Eingangsklasse / Klasse der Partnerschule geht in die LWL-Schule
• Solange in den LWL-Schulen noch keine Raumkapazitäten vorhanden sind, geht parallel dazu eine Klasse der LWL-Schule in die Partnerschule (Die Schüler der LWL-Schule bleiben schulrechtlich gesehen Schüler der LWL-Schule, die Schüler der Partnerschule bleiben Schüler der allgemeinen Partnerschule)
• Es werden jeweils Klassen-Tandems mit Partnerklassen gebildet
• Die Schülerinnen und Schüler der Partnerklassen arbeiten soweit möglich zusammen, nach dem Prinzip: „So viel Kooperation wie möglich, so viel Differenzierung wie nötig“
In diesem Zusammenhang wird auch auf das Modell der Kooperation der Astrid Lindgren Schule (Förderschule KmE) und der Nordschule (allgemeine Grundschule) in Kempten (Allgäu) hingewiesen.
Die Astrid-Lindgren – Schule hat gemeinsam mit der Nordschule vier Partnerklassen. In diesen Klassen lernen jeweils 14 Grundschulkinder der allgemeinen Schule zusammen mit 8 körperbehinderten Kindern im weitgehend gemeinsamen Unterricht. In jeder Klasse arbeiten dabei im Zweilehrerprinzip jeweils eine Grundschul- und eine Förderschullehrkraft, die mit vielfältigen Formen der Differenzierung den gemeinsamen Unterricht gestalten.
Das Modell wird von allen Beteiligten als ein großer Erfolg gesehen. Die Erfahrungen belegen, dass von dieser Form des gemeinsamen Unterrichtes alle beteiligten Schülerinnen und Schüler profitieren. Durch Kooperationen könnten auch für Kinder mit intensivem Unterstützungsbedarf inklusive Settings geschaffen werden.
Die Verwaltung wird gemeinsam mit den Schulleitungen der LWL-Förderschulen, den zuständigen Schulaufsichten und den weiteren Akteuren vor Ort die einzelnen Schulstandorte weiterhin unter dem Aspekt von Kooperationsmöglichkeiten mit Allgemeinen Schulen betrachten.
Erste Gespräche zu möglichen Kooperationen werden derzeit mit der Schulaufsicht bei der Bezirksregierung Münster geführt.
Frage 5:
Nach der Ratifizierung der UN- Behindertenrechtskonvention ist diese am 26. März 2009 in Deutschland in Kraft getreten und damit geltendes Recht.