Fraktion in der
Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe

Anfrage der Fraktion DIE LINKE zum Umgang des LWL mit dem Wunsch- und Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen

Im November letzten Jahres veröffentlichte kobinet-Nachrichten, dass der LWL eine behinderte Frau ultimativ aufgefordert hatte, in eine genau bezeichnete Behindertenanstalt einzuziehen. Ansonsten würde der Kostenträger die Erstattung der Kosten der ambulanten Versorgung einstellen. Dieser Vorgang wurde danach auch im Bundestag thematisiert.
(http://www.kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/35021/LWL–Bescheide-aus-der-Vergangenheit.htm/?search=LWL)

Der LWL hat inzwischen seine Drohung mit der Heimeinweisung aufgehoben. „Nunmehr versucht man, die Frau zu zwingen, in eine Wohnung umzuziehen, in der auch andere behinderte Menschen mit Assistenzbedarf leben. Hierzu arbeitet man beim LWL mit befristeten Leistungen: Die Befristungen endeten zum 31.12.2016, 31.3.2017 und nun zum 30.6.2017.“  (http://www.kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/35877/LWL-h%C3%A4lt-den-Druck-aufrecht.htm/?search=LWL)

Die bestehende Regelung im Artikel 1 § 104 Abs. 2 SGB IX beinhaltet eine Einschränkung des Wunsch- und Wahlrechtes. Die Wünsche sollen nur gelten „soweit sie angemessen sind“. Dies bedeutet im Klartext die Aufrechterhaltung des Mehrkostenvorbehaltes und verstößt gegen das in der UN-BRK festgeschriebenen Selbstbestimmungsrecht (UN-BRK, Artikel 19).

Zwar ist das Korrektiv der Zumutbarkeit enthalten, welche jedoch als unbestimmter Rechtsbegriff von der jeweiligen Behörde auszulegen ist. So wird Rechtsunsicherheit zulasten der Betroffenen geschaffen, die dann durch den Gang vor die Gerichte ihr selbstbestimmtes Leben erstreiten müssen. 50.000 Menschen unterstützen deswegen eine Petition „Kein Heimzwang # für behinderte Menschen“. (https://www.change.org/p/kein-heimzwang-f%C3%BCr-behinderte-menschen)

Ein Zwang hinsichtlich Wohnort und Wohnform ist auch nach unserer Auffassung immer unzumutbar, so daß der Mehrkostenvorbehalt seitens des LWL nicht anzuwenden ist. Wir stellen auf Grund des o.g. Falles die folgenden Fragen:

  • In wie vielen Fällen hat der LWL Menschen mit Behinderung aufgefordert, die eigene Wohnung aufzugeben und in eine stationäre Einrichtung oder in eine Wohngruppe zu ziehen?
  • Wie ist der normale Zeitraum für die Bewilligung von Leistungen?
  • Wie oft wurden in den o.g. Fällen Leistungen für nur 3 Monate bewilligt, um Druck auf Menschen mit Behinderungen auszuüben, ihr selbstbestimmtes Wohnen aufzugeben?
  • Welche Wirkungen haben diese kurzzeitigen Befristungen bei der Beschäftigung von Assistent*innen im Arbeitgebermodell auf die Beschäftigungsverhältnisse der Assistent*innen?
  • Wie viele Widersprüche gab es und wie oft musste den Widersprüchen stattgegeben werden?
  • Wie viele Klagen wurden gegen Bescheide eingereicht und wie viele waren erfolgreich?
  • Gibt es eine interne Anweisung in der Verwaltung, den Mehrkostenvorbehalt umzusetzen? Gib es eine interne Anweisung, was unter „angemessen“ und was unter „zumutbar“ zu verstehen ist?

Der LWL hat sich bisher das Motto „ambulant vor stationär“ auf die Fahnen geschrieben. Dies ging in die Richtung des Artikels § 19 UN BRK, den eigenen Wohnort und die Wohnform wählen zu können. Opfert der LWL aus Kostengründen das Selbstbestimmungsrecht von Menschen mit Behinderungen?

 

Mit freundlichen Grüßen

Rolf Kohn                                                                 f.d.R. Stefan Müller
Mitglied im Sozialausschuss                                         Fraktionsgeschäftsführer