Fraktion in der
Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe

Werben für eine aufgabengerechte – auskömmliche Landschaftsumlage. Rede von Barbara Schmidt

Meine Damen und Herren,

wir, die Linke, sind nun seit zwei Jahren hier in der Landschaftsversammlung Westfalen Lippe. Das ist nicht lange. Aber zwei Mal haben wir erleben müssen, wie die politischen Mehrheiten Landschaftsumlagen beschlossen haben, die die Ausgaben bei weitem nicht decken. Im Ergebniss hat der LWL inzwischen hunderte Millionen neuer Schulden. Wie diese wieder abgebaut werden sollen, steht in den Sternen.

Zentrales Argument für die niedrige Umlage war, der LWL dürfe die Kommunen nicht zu sehr belasten.

Um diese angebliche Belastung nachzuvollziehen haben wir uns einmal intensiver mit den Leistungsberichten des Landschaftsverbandes beschäftigt. Sie kennen sie, weil sie sie persönlich bekommen.

Dort wird detailliert aufgelistet, wieviel Landschaftsumlage gezahlt wird, aber auch welche Zahlungen in welcher Höhe in Ihrem Kreis, in Ihrer Stadt ankommen. Insgesamt hat der Landschaftsverband im Jahr 2010 ungefähr 1,5 Milliarden Euro an Landschaftsumlage eingenommen. Allein für die Eingliederungshilfe hat er im gleichen Zeitraum 1,8 Milliarden Euro ausgegeben, also ca. 300 Millionenen Euro mehr als er durch Landschaftsumlage eingenommen hat. Und da ist noch keine Schule und kein Museum finanziert.

Auch die Leistungsberichte für die einzelnen Mitgliedskommunen sprechen eine deutliche Sprache:

– Bielefeld zahlte 2010 beispielsweise eine Landschaftsumlage von 67 Millionen Euro und erhielt gleichzeitig 107 Millionen Eingliederungshilfe (es steht nur nicht Bielefeld oder LWL drauf, sondern Bethel und anderes).

– Recklinghausen stöhnt  ebenfalls immer laut und heftig über die Landschaftsumlage. Der Kreis zahlt 114 Millionen Euro Umlage, er erhält 157 Millionen Euro allein an Eingliederungshilfe und insgesamt Leistungen in Höhe von 228 Millionen.

– Die Stadt Dortmund zahlte 133 Millionen Euro und erhielt zwar an Eingliederungshilfe nicht so viel, insgesamt aber auch Leistungen in Höhe von 188 Millionen Euro.

Wohlgemerkt, es geht mir nicht darum, die Finanznot der Städte herunterzuspielen. Ich will nur klarstellen, dass nicht der LWL schuld daran ist sondern umgekehrt. Die Leistungen des LWL schonen die Kommunen nicht nur, sondern haben sie entlastet und entlasten sie auch weiterhin. Und zwar  selbst dann, wenn die Umlage 17 Prozent beträgt und damit ungefähr die Kosten der Eingliederungshilfe abdeckt.

Wenn in den Kommunen vom LWL und der Umlage die Rede ist, wird nur davon geredet, wie viel die Kommunen bezahlen und nie, wie viel sie bekommen. Das müsste doch ehrlicherweise dazugesagt werden. Und auch hier wieder: von wem, wenn nicht von uns, den Mitgliedern der Landschaftsversammlung, die es wissen!

Dazu könnten von uns gut die die örtlichen Leistungsberichte genutzt werden. Aber wer bekommt die denn? Wir als Mitglieder der Landschaftsversammlung. Und dann … gehen sie an die Städte und Kreise, zu den Oberbürgermeistern – Frage – oder in die Kämmereien?  An die politischen Entscheider vor Ort gelangen sie auf diesem Wege nicht – wir jedenfalls haben als Fraktion in Bielefeld noch nie einen solchen Leistungsbericht bekommen. Auch hier könnten wir die guten Argumente gezielter nutzen um dem Gerede ein Ende zu machen, dass die Landschaftsumlage die Mitgliedskommunen unnötig belaste.

Wenn ich mir vor diesem Hintergrund die Presseberichte über den LWL ansehe, dann stößt mir manches schon auf. Beispielsweise von der FDP in Münster, deren Fraktionsvorsitzende im Oktober zur angekündigten Umlageerhöhung erklärte: „Wieder einmal macht dieses Vorgehen deutlich, wie groß die Versuchung ist, sich bei einer unteren Ebene zu bedienen.“  Oder dem Kämmerer (CDU) in Hamm, der im Westfälischen Anzeiger so zitiert wird: „Der LWL soll seinen Haushalt nicht durch Erhöhung der Abgabe für die Kommunen konsolidieren.“

Einsprüche oder Richtigstellungen habe ich nicht lesen können – meine Frage: Hat es welche gegeben?

Wer, wenn nicht wir, die Mitglieder der Landschaftsversammlung, könnten solchen unqualifizierten Angriffen entgegentreten?

Meine Damen und Herren,

In den letzten Haushaltsberatungen konnten wir verfolgen, wie die Landschaftsumlage von Monat zu Monat heruntergedrückt wurde: War der Haushalt noch mit einer nicht ausreichenden Umlage von 16,4 Prozent eingebracht worden wurde dann schnell ein „unter 16 Prozent“ daraus um schließlich in einem Dumpingrennen zwischen Ampel und CDU unter dem Motto „Wer fordert am wenigsten“ bei  15,7 Prozent zu landen. Im Ergebnis hat das dem Landschaftsverband in diesem Jahr ein Rekorddefizit eingebracht.

Ich finde das ist eine ausgesprochen unsolidarische Haushaltspolitik gegenüber dem LWL.

Die Aufgaben, für die der LWL steht, sind zu wichtig, um auf diese Weise kaputt gemacht zu werden. Und nur das wäre das Ergebnis, wenn es so weiter geht.

Meine Damen und Herren,

Klar ist, dass die gesamte kommunale Familie in NRW ein riesiges Problem hat, und zwar ein Einnahmeproblem. Ohne eine deutliche Unterstützung der Kommunen durch den Bund zur Finanzierung der Eingliederungshilfe werden wir da auch nicht herauskommen. Inzwischen wird darauf bei den Debatten um die Landschaftsumlage im und außerhalb des LWL auch regelmäßig hingewiesen. Das reicht aber nicht aus.

Solange die Kommunen die Landschaftsumlage nur als überaus lästiges Übel verstehen wird niemand auf Bundes- oder Landesebene auf die Idee kommen, hier tatsächlich zu entlasten. Nur wenn in den Kommunen selbst diese Verbindung zwischen Eingliederungshilfe und Umlage verstanden und thematisiert wird, nur wenn alle kommunalen Spitzenverbände diese Forderungen weiter vertreten, wird sich daran etwas ändern können.

Es kann aber auch nicht nur darum gehen, die Ansprüche an den Bund zu stellen. In der staatlichen Gliederung der Bundesrepublik werden die Kommunen gegenüber dem Bund vom Land vertreten und das Land muss den Kommunen ausreichende – aufgabengerechte – Finanzmittel zur Verfügung stellen. Und das passiert nicht.

Wir müssen feststellen, dass die Schlüsselzuweisungen einfach zu niedrig sind. Die Schlüsselmasse ist von über 28 Prozent in den 90er Jahren auf inzwischen 23,5 Prozent gesunken. Auch hier liegt ein wesentlicher Grund für die zunehmend schwierige Finanzsituation der Kommunen. Wir als Landschaftsverbände und die Kommunen insgesamt müssen deshalb auch die Landesregierung wieder deutlicher in die Pflicht nehmen. Die 350 Millionen Euro, die jetzt von der Landesregierung als zusätzliche Finanzierung in die Hand genommen werden, reichen dafür aber bei weitem nicht aus – abgesehen davon, dass sie über das Stabilisierungspaktgesetz nun auch noch zu einem vergifteten Geschenk für die Empfängerkommunen werden.

Meine Damen und Herren,

wir wollen den LWL und seine Leistungen sichern. Die Menschen, die für den LWL Leistungen erbringen, müssen von ihrer Arbeit auch leben können. Dafür braucht der LWL eine aufgabengerechte Finanzierung, auch von den Gemeinden, für die der LWL seine Leistungen erbringt.

Dafür müssen wir als Mitglieder der Landschaftsversammlung aktiv werden.

Dazu fordern wir Sie auf!

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.