Fraktion in der
Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe

Rede zum Haushalt 2024

Meine Damen und Herren, alles dazwischen und außerhalb

Herr Landesdirektor,

 

der Haushalt dieses Jahr scheint etwas ganz Besonderes zu sein, zumindest wenn man sich den Arbeitseifer der CDU/Grünen-Koalition anschaut. Diese haben doch einiges zu sagen gehabt. Soviele Anträge zum Haushalt und vor allem zu den Konsolidierungsmaßnahmen.

 

Man müsse ein Zeichen setzen, so sagte Frau Irrgang. Und so ein Zeichen bringt natürlich nichts, wenn man nicht auch an den eigenen Fraktionsfinanzen kürzt. Dass diese knapp 60 tsd Euro, die wir dadurch einsparen, den LWL-Haushalt, mit seinen 4,4 Mrd Euro Umfang, nicht rettet, sollte eigentlich jedem klar sein. Aber, wenn man alle nur erdenklichen freiwilligen Leistungen zusammenstreicht, dann muss man natürlich auch bei sich selbst Kürzungen vornehmen. Und sei es nur, um das eigene möglicherweise existierende Gewissen zu beruhigen.

 

Jedoch, liebe CDU und Grüne, wenn Sie den ganzen Ehrgeiz, den sie bei den Haushaltskürzungen gezeigt haben, darin investiert hätten ihren Parteikolleg:innen in Düsseldorf und Berlin auf die Füße zu treten, dann hätten sie eventuell tatsächlich etwas erreichen können.

 

Das einzige Zeichen, welches sie nun gesetzt haben ist, dass sie immer bereit sind Leistungen für Bürger:innen zu kürzen anstatt sich gegen die Politik auf Landes- und Bundesebene zu stemmen.

 

Denn genau dort liegt das Problem. Dass unzählige Kommunen aktuell nicht in der Lage sind einen genehmigungsfähigen Haushalt vorzulegen, dieses Problem liegt nicht an der Landschaftsumlage. Das, meine Damen und Herren und alles dazwischen und außerhalb, liegt an einer verfehlten Bundes- und Landespolitik. An einem jahrzehntelangen ausbluten lassen der Kommunen. Daran, dass es immer noch keine Altschuldenlösung gibt. Daran, dass die Bundes-Ampel aus veralteten und fadenscheinigen Gründen an der Schuldenbremse festhält und vor allem daran, dass die Kommunale Familie mit ihrem Handeln immer wieder das Signal gibt, mit uns könnte man so umspringen.

 

Deutschland ist ein reiches Land. Das Geld ist irgendwo, man muss sich nur eingestehen, wo man suchen muss. Dabei ist Umverteilung das Stichwort.

Während Lebensmittel-, Energie- und Rüstungskonzerne in den letzten Jahren Rekordgewinne einfahren, streicht die Bundesregierung aktuell Leistungen für Bürgergeld-Empfänger:innen. An der Stelle, wo das Geld statistisch betrachtet am ehesten wieder in die Wirtschaft geht. Viele Länder haben in der Krise eine Übergewinnsteuer eingeführt, Deutschland nicht. Und es tut mir fast schon weh, schon wieder von der Vermögenssteuer anfangen zu müssen, aber anscheinend muss das gemacht werden, denn eine logische Begründung, diese weiterhin nicht einzuführen, gibt es nicht, da muss es ja daran liegen, dass es einfach vergessen wurde.

Stellen Sie sich vor, es existiert ein Verein von und mit sehr wohlhabenden Menschen und diese wollen sogar höher besteuert werden. Ich zitiere aus deren Grundsatzprogramm: „Wir wollen Wohlstand, Teilhabe und soziale Sicherheit für alle. Die Voraussetzung dafür ist ein starkes und gerechtes Steuersystem, das auf demokratische und transparente Weise für Umverteilung sorgt und dadurch die Finanzierung öffentlicher Güter und Dienstleistungen das Gemeinwohl stärkt.“

 

So einfach könnte es gehen. Aber Steuerpolitik ist nicht unsere Aufgabe, das passiert in Berlin. Wir wollten es uns trotzdem nicht nehmen, das zu kommentieren, denn dass die Kommunikation in den anderen Parteien schwierig ist, sieht man ja nicht nur an den Anfragen die im LWL immer sozialer klingen, als alles was man auf Landes oder Bundesebene sieht, sondern auch unsere Anfragen, die in bestimmten Kommunen schon von SPD und Grünen angebracht oder getragen wurden, werden hier abgelehnt.

 

Aber konzentrieren wir uns auf das was heute hier Entschieden wird.

Wir verabschieden heute einen Haushalt über den wir kaum ein gutes Wort sagen können, aber wir finden gern ein paar schlechte.

Da meine Redezeit begrenzt ist, möchte ich mich auf einige Beispiele beschränken.

 

Sowohl CDU/Grüne als auch die SPD haben Anträge gestellt den Hebesatz für die Landschaftsumlage zu senken und letztendlich wird es mit diesem Haushalt auch so kommen. Wir verstehen natürlich ihre Intention, auch wir sehen wie unsere Mitgliedskommunen ächzen und um jeden Euro kämpfen.

In den vergangen Jahren hat meine Fraktion sich dafür eingesetzt die Umlage etwas anzuheben um die Ausgleichsrücklage zu schonen, denn wir ahnten bereits was passieren wird. Und komischerweise ist es genauso gekommen. Die Krise ist zur Normalität geworden und die Hilfestellungen von Bund und Land sind versiegt. Leider sind auch die Entlastungsmöglichkeiten durch den Landschaftsverband so gut wie ausgeschöpft. Und wenn unsere erste Landrätin sagt, niemand hätte gedacht, dass es so schlimm wird, dann macht mich das für einen kurzen Moment fassungslos.

Ich lehne mich damit vielleicht sehr weit aus dem Fenster, aber möglicherweise wäre es eine Idee, uns mehr zuzuhören und unseren Anträgen etwas mehr Beachtung zu schenken.

 

Kommen wir nun zum Kulturhaushalt. Auch hier waren sie fleißig und wo es nichts mehr zu kürzen gab, da kann man eben die Eintrittspreise anheben.

Das Ziel der LWL-Kultur ist es, nach eigener Aussage, das kulturelle Erbe Westfalen-Lippes zu bewahren, zu erforschen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Aber über was für eine Öffentlichkeit reden wir hier eigentlich? Diese Frage drängt sich uns immer wieder auf.

Wir alle wissen, dass die Museen und kulturellen Einrichtungen des LWL in der Regel von einer ganz bestimmten Öffentlichkeit besucht werden. Der Öffentlichkeit die es sich leisten kann. Jene die mit ihrem ganz privaten Haushalt zu kämpfen haben, haben oftmals nicht die finanziellen Ressourcen sich mit den schönen Künsten und vor allem der Bildung, die es mit sich bringt zu befassen und leider wächst diese Gruppe. Aber auch hier haben sie unseren Antrag wenig Beachtung geschenkt. Denn wir haben einen Vorschlag unterbreitet, wie wir das kulturelle Erbe Westfalen-Lippes einer wirklichen und breiten Öffentlichkeit zugänglich machen können. Mit einem Pilotprojekt nach dem Prinzip „Pay-what-you-want“, natürlich mit wissenschaftlicher Begleitung. Schließlich wollen wir Ihnen ja beweisen, dass wir Recht haben.

 

Womit wir wiederholt Recht haben und auch unser Schwesterverband aus dem Rheinland, ist die Sinnhaftigkeit der Einführung einer Inklusionspauschale. Und bitte behaupten sie nun nicht wieder, dass die LWL-Förderschulen inklusiv sein. Das sind sie nicht. Sie sind Teil eines segregierenden Systems. Und ja, sie haben recht, Schule ist Landessache und ja, es gibt auch Landesmittel zur Förderung schulischer Inklusion. Das ist auch gut so. Wir wollten aber eine gezieltere Förderung initiieren. Eine, wo nicht nach dem Gießkannenprinzip Mittel verteilt werden, sondern die gezielt abgerufen werden kann, wenn sich eine Schule dazu entscheidet ein Kind mit erhöhtem Unterstützungsbedarf aufzunehmen. Eine, mit der gezielt die Voraussetzung geschaffen wird, dass dieses Kind mit all seinen Freunden die Schule in der Nachbarschaft besuchen kann. Leider fehlt auch hier der politische Wille, etwas für alle zugänglich zu machen, in diesem Fall schulische Einrichtungen.

 

Ebenso der Mitmenschen Tag. Diese Veranstaltung war eines der ersten Opfer des Schwarz/Grünen Streichungsstiftes und dabei ist es doch ein wichtiger und niedrigschwelliger Schritt zur Förderung von Inklusion. Aber statt die Chance zu nutzen und im Nebeneffekt auch noch den LWL weiter in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken, was dem Landesdirektor anscheinend sehr wichtig ist, sagen sie eine bereits beworbene Veranstaltung lieber ab.

 

Und hier möchte ich nochmal eine generelle Anmerkung machen: Vor einigen Wochen war in Genf die Staatenprüfung. Es wurde geprüft, wie die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland umgesetzt wird. Ein wichtiger Aspekt der UN-BRK ist die enge Konsultation und aktive Partizipation bei Organisationen von Menschen mit Behinderungen. Der UN-Ausschuss hat dabei u.a. kritisiert, dass es keine systematische, mit Ressourcen und Zeit ausgestattete Einbeziehung gibt.

Wir haben seit einiger Zeit einen Inklusionsbeirat, in dem Vertreter:innen des Landesbehindertenrates und der LAG Selbsthilfe immer wieder auf wichtige Themen hinweisen und ihre Expertise in eigener Sache einbringen. Aber: zur Beratung des Aktionsplanes oder auch der Themen des Haushaltes bleibt diesem Gremium viel zu wenig Vorlaufzeit. Dies wurde auch mehrfach und völlig zurecht kritisiert – zuletzt in einem sehr deutlichen Schreiben. Wir unterstützen diese Kritik und sagen: Nehmen Sie die UN_BRK ernst, ermöglichen Sie endlich echte Teilhabe für den Inklusionsbeirat!

 

Nun weiter im Haushalt…

 

Das Förderprogramm „Partizipation und Demokratie Fördern“ werden wir, nach Besprechungen in den Ausschüssen heute gemeinsam von der Konsolidierungsliste streichen. Unser Ansatz war aber nicht nur der Erhalt des Programmes, sondern dessen Ausbau. Denn in diesen anstrengenden und erschreckenden Zeiten, wo sich die Höckes dieser Welt wie eine Plage über Gesellschaft hermachen, brauchen wir eine Gegenstrategie. Und die sollte Aufklärung beinhalten. Leider versagt die Bundesampel auch hier und streicht massiv den Bereich für politische Bildung zusammen. Sie alle haben doch noch die fremdenfeindliche Propaganda der AfD vor Augen. Wie den (ausschließlich?) Herren aus der Landschaftsversammlung jedes Mittel recht war, um weiter Hetze zu betreiben und ihre Parolen mit viel Gestik und Lautstärke in den Umlauf zu bringen. Aber was soll ich da viel von erzählen, Sie werden es heute wieder mit ansehen müssen.

 

Kommen wir nun zu einer guten Sache, mit Einschränkungen allerdings – wie immer. Die Unterstützung der Westdeutschen Bibliothek der Hörmedien für blinde, seh- und lesebehinderte Menschen e.V.

Bereits im letzten Jahr haben wir eine Unterstützung der WBH gefordert und über Umwege haben wir erreicht, das die WBH zumindest für ein Jahr ihre Arbeit weiter fortsetzen kann. Nachdem wir sie nun darauf aufmerksam gemacht hatten welch gute und wichtige Arbeit die WBH leistet, haben sich die meisten von Ihnen sogar die Zeit genommen um sich vor Ort selbst davon zu überzeugen. Gut, dachten wir, dann versuchen wir dieses Jahr die Unterstützung zu verfestigen. Da es die CDU aber mal wieder nicht über sich bringt einem „linken“ Antrag zuzustimmen, hat sie, mit ihrem beifuss Koalitionspartner, einen eigenen verfasst. Dieser ist natürlich nicht so konsequent wie unserer, denn es wurde nur eine Unterstützung für zwei Jahre und das Versprechen einer Prüfung gefordert. Aber für die gute Sache, können wir sagen: Immerhin. Ein Wort, dass ich mittlerweile sehr häufig denken muss, wenn unsere Ideen genommen, abgeschwächt und als ihre dargestellt werden.

 

Ich bin nun am Ende meiner Rede angekommen – früher als es einige andere getan haben. Und obwohl uns ein paar Anträge zumindest im Ansatz und von der Idee zusprechen, sind uns die sozialen Forderungen zu gering und die Heuchelei und die Einsparungen zu hoch und deswegen werden wir den Haushalt im Ganzen ablehnen.

Frau steht am Rednerpult und hält Rede zum Haushalt 2024 des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe