Rede von Rolf Kohn, Fraktionssprecher DIE LINKE., zum Tagesordnungspunkt 13 (Antrag der Fraktion DIE LINKE betrifft: „Resolution zur Ausgleichsabgabe und zur Förderung der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung“) in der Sitzung der Landschaftsversammlung vom 19.11.2015:
Sehr geehrte Damen und Herren von der Verwaltung,
sehr geehrte Mitglieder der Landschaftsversammlung,
haben Sie Ihre Terminkalender zur Hand? Ich würde Sie gerne einladen, zu einer großen Feier, Getränke und Essen umsonst – Alles inklusive!
Bitte merken Sie sich schon einmal das Datum 1.1.2071 vor.
Das ist ungefähr das Datum, an dem laut CDU und SPD Arbeit in Deutschland für Menschen mit Behinderung inklusiv sein soll.
Das sind doch nur noch 55 Jahre….
Am 24.9.15 hat der Deutsche Bundestag dem Antrag von CDU und SPD zugestimmt, Integrationsbetriebe für 3 Jahre mit je 50 Mio EURO zu fördern.
Das heisst, daß 5500 Abeitsplätze für Menschen mit Behinderung für 3 Jahre befristet gefördert werden können.
Das heisst, von 300.000 Werkstattbeschäftigten könnten gerade mal knapp 2% in einem Integrationsbetrieb arbeiten! Was für ein Armutszeugnis der Großen Koalition! Was für ein Armutszeugnis der Fraktionen Ihrer Parteien!
Das heisst für den LWL: läppische 550 Werkstattbeschäftigte von mehr als 30.000 könnten für drei Jahre in einem Integrationsbetrieb arbeiten.
– Ihr Positionspapier „Teilhabe im Bereich Arbeit sichern“ fällt noch hinter diesem Antrag zurück – es ist schwammig, ohne Zahlen, Ziele und Zeitpläne! Ich würde sagen, es ist Regierungsdevot, will keine wirklichen Veränderungen.
Meine Damen und Herren,
Im März diesen Jahres wurde die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland durch den zuständigen UN-Fachausschuss geprüft. Bei der Prüfung hat die Bundesregierung eine schallende Ohrfeige erhalten, niedergeschrieben im Staatenbericht.
So heisst es zum Artikel 27, Arbeit und Beschäftigung:
Der Ausschuss kritisiert z.B. daß Werkstätten weder den Übergang zum Allgemeinen Arbeitsmarkt vorbereiten noch diesen Übergang fördern. Und Vor Allem kritisiert er, daß viele Menschen mit Behinderung abgesondert in Werkstätten arbeiten.
Er empfiehlt:
„die schrittweise Abschaffung der Behindertenwerkstätten durch sofort durchsetzbare Ausstiegsstrategien und Zeitpläne sowie durch Anreize für die Beschäftigung bei öffentlichen und privaten Arbeitsgebern im allgemeinen Arbeitsmarkt“
Ich wiederhole: sofort durchsetzbare, also nicht erst in mehr als 50 Jahren.
Meine Damen und Herren,
Vor fast genau einem Jahr hat unsere Fraktion eine Resolution zur Erhöhung der Ausgleichsabgabe und der Beschäftigungsquote der Landschaftsversammlung vorgelegt. Anlass war, daß die Förderung neuer Arbeitsplätze in Integrationsbetrieben durch den LWL eingestellt wurde. Und alle Fraktionen waren sich einig, daß die Einstellung der Förderung eines erfolgreichen Programmes des LWL völlig falsch ist.
Dann haben Sie zuerst auf Zeit gespielt – es sollten nochmal Daten und Zahlen her – dabei waren diese schon längst vorhanden. Es wären sprachliche Fehler in unserer Resolution – dabei wurden dieselben Begriffe von Ihren Abgeordneten in der Debatte im Bundestag benutzt. Aber dieses Spiel auf Zeit hatte einen Sinn: Sie wollten sich nicht gegen den geplanten Antrag Ihrer Regierung positionieren.
Und als es nicht mehr anders ging, haben sie sich endlich mit uns zusammengesetzt und Ihr schwammiges Papier verfasst. Das den einzigen Vorteil hatte, Nachhaltigkeit bei der Förderung zu fordern.
Sie brechen alle Versprechen, die Sie Menschen mit Behinderungen zur Ausgleichsabgabe gegeben haben:
Noch 2012 hat die SPD in einem Antrag im Bundestag die Verdoppelung der Ausgleichsabgabe gefordert.
Ihr Bundesfinanzminister Schäuble hat noch im Juli diesen Jahres eine Verdoppelung der Ausgleichsabgabe vorgeschlagen.
Vor einigen Wochen haben sich DIE GRÜNEN noch im Petitionsausschuss des Bundestages für eine Erhöhung der Ausgleichsabgabe ausgesprochen.
Meine Damen und Herren,
in unserer Resolution fordern wir eine Verdoppelung der Ausgleichsabgabe – alleine das würde rund 500 Millionen EURO für gute Arbeit für Menschen mit Behinderung bedeuten. Und dazu kämen noch die Mehreinnahmen durch die Erhöhung der Beschäftigungsquote.
Damit wäre die Förderung von mehr als 50.000 Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung möglich – das wäre ein wirklicher Schritt in Richtung eines inklusiven Arbeitsmarktes.
Arbeit für behinderte Menschen mitten in der Gesellschaft, im Regelbetrieb, nicht in Sondereinrichtungen – das ist ein Menschenrecht, so steht es in der UN-Behindertenrechtskonvention. Die Förderung inklusiver Arbeit und die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention erfordert Milliarden an Investitionen und Förderung.
Es erfordert eine Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums. Der ist finanzierbar u.a. mit Vermögensteuer und Millionärssteuer. Das aber wollen Ihre Parteien nicht. Reich soll reicher werden, auf Kosten von Menschen mit Behinderungen, Rentnerinnen und Rentnern und auch Hartz lV- Bezieherinnen und Beziehern, entgegen aller sozialen Notwendigkeiten!
Wir wollen das Recht auf inklusive Arbeit für Menschen mit Behinderungen durchsetzen. Wir wollen eine klare und wirksame Resolution. Wir wollen ein klares und deutliches Signal des LWL gegenüber den Menschen mit Behinderung und ihren Verbänden und gegenüber der Bundesregierung.
Schreddern Sie Ihr zahnloses Papier, ein Papier ohne jegliche konkrete Position und stimmen Sie unserer Resolution zu!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!