Fraktion in der
Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe

Haushaltsrede 2013

Herr Vorsitzender,

Herr Landesdirektor,

meine Damen und Herren,

heute soll wieder ein Haushalt verabschiedet werden, der von vorneherein nicht ausgeglichen ist. Auf dem Wege geplanter unausgeglichener Haushalte hat sich der LWL in den letzten drei Jahren schon zu über 250 Millionen Euro verschuldet, nur um die Leistungen für die Mitgliedskommunen finanzieren zu können. Immerhin erleben wir zum ersten Mal, dass es kein Umlagen-Dumping zwischen SPD/Grünen/FDP und CDU gibt, nach dem Motto: wir sind aber besser im Schuldenmachen!

Sie bezeichnen es als kommunalfreundlich, wenn Sie die Landschaftsumlage absichtlich so gestalten, dass der Haushalt nicht ausgeglichen wird. Wir fragen Sie, was ist daran kommunalfreundlich, wenn Sie die Schulden beim LWL anhäufen? Den Mitgliedskommunen fällt es doch nicht einmal auf, dass auf der Ebene des Landschaftsverbandes neue Schuldenberge entstehen. Es sind für sie versteckte Schulden, für die sie letztlich doch aufkommen müssen. Werden das die griechischen Verhältnisse in Kleinformat?

Auf diesem Wege werden doch nur Sachzwänge aufgebaut, mit denen später der Druck auf Leistungen und Beschäftigte begründet wird. Wir sagen, das ist der falsche Weg, weil er keine Lösung für die überschuldeten Mitgliedskommunen aufzeigt. Es verlagert und verlängert nur das Elend.

Der richtige Weg wäre, die Ursache der finanziellen Misere der Kommunen zu untersuchen und diese Ursachen zu beseitigen: Eine der wesentlichsten Ursachen besteht in der völlig unzureichenden Finanzausstattung der Kommunen, die 2010 sozusagen landesregierungsamtlich festgestellt wurde. Für diese kommunale Finanzausstattung ist letztlich die Landesregierung zuständig. Insofern begrüßen wir die Stellungnahme, die der ersten Beigeordnete des LWL und sein Kollege aus dem LVR  zum diesjährigen Gemeindefinanzierungsgesetz abgegeben haben. Darin wird eine aufgabengerechte Dotierung der Schlüsselmasse gefordert und die Anhebung des Verbundsatzes auf reale 23 Prozent. Auch das reicht nicht für eine aufgabengerechte Dotierung aus, aber die Richtung der Forderung stimmt.

Im Finanzausschuss mussten wir dann hören, dass die aktuelle Landesregierung doch so viel tue, um die Kommunen zu entlasten. Ja, diese Landesregierung hat im Unterschied zu ihren diversen Vorgängerinnen – gleich welcher Couleur – einige Belastungen rückgängig gemacht. Aber eine wirksame Hilfe zur Entschuldung aller Kommunen bietet auch das nicht.

Wenn wir als LINKE im LWL die Anhebung der Landschaftsumlage auf 16,6 Prozent beantragen wird aus dem LWL-Haushalt ja noch kein linker Haushalt: Für eine bessere Personalausstattung in der Forensik und den Krankenhäusern, mit der Zwangsmaßnahmen reduziert werden könnten, bräuchten wir erheblich mehr finanzielle Mittel. Eine angemessene Bezahlung von ausreichenden Pflegekräften kostet mehr Geld. Die Personal- und Mittelkürzungen im Kulturbereich halten wir für falsch.

Unser Antrag beabsichtigt nur keine neue geplante Verschuldung. Dem können Sie wirklich guten Gewissens zustimmen!

Meine Damen und Herren,

Der Aufreger des Monats Dezember war die Debatte um einen Verkauf der Provinzial.

Es war schon erstaunlich, wie breit für dieses Versicherungsunternehmen in öffentlicher Hand argumentiert wurde: dass es gute Arbeitsbedingungen sichert, sozial verankertes und vernetztes wirtschaftliches Handeln praktiziert, regionale Kultur fördert, dabei hervorragende wirtschaftliche Ergebnisse bringt, die dann auch noch über die öffentlichen Eigentümer den öffentlichen Haushalten zugutekommen.

Ja, das sind die guten Argumente und fast schon erstaunlich, dass sie aus fast allen politischen Lagern gleichlautend kamen. Nach dem hohen Lob der freien Marktwirtschaft und ihrer ach so effektiven Wirtschaftsführung scheint sich doch eine Ernüchterung breit zu machen, was diese Wirtschaft wirklich leistet. Wir begrüßen diesen Sinneswandel und hoffen, er verbreitert sich auch auf andere Gebiete. So ist in den letzten Tagen die Privatisierung der LEG vor sechs Jahren wieder Thema in den die Medien. Die fast 100 000 Wohnungen, die die schwarz-gelbe Landesregierung meistbietend verkauft hat, wurden von Goldmann-Sachs als Spekulationsobjekte an die Börse gebracht und füllen jetzt private Taschen.

Wir sind froh, dass wir im Landschaftsausschuss einen einstimmigen Beschluss gegen den Verkauf an privat fassen konnten. Die Mehrheit beschloss darüber hinaus, eine Fusion mit der Provinzial Rheinland voranzutreiben. Diesen Beschluss haben wir nicht mitgetragen. Wir meinen, dass das Geschäftsmodell der Provinzial, das auf Dezentralität ausgerichtet ist, auch ohne Fusion wirtschaftlich erfolgreich weitergeführt werden kann. In diesem Sinne werden wir die weiteren Verhandlungen kritisch verfolgen.

Meine Damen und Herren,

die Inklusion kommt voran – sollte man meinen, wenn man die Überschriften in Zeitungen liest. Viele von uns wissen es besser: selbst sechs Jahre nach Ratifizierung der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen wissen wir vielleicht etwas mehr darüber, was Inklusion bedeutet. Der gleichberechtigten Teilhabe sind wir aber noch nicht sehr viel näher gekommen.

Den LWL betrifft diese Frage in besonderem Maße und viele von uns haben sich damit auseinandergesetzt. Der lange überfällige Inklusionsplan des Landes liegt seit ein paar Monaten vor. Wenn er auch im Wesentlichen keine konkret abrechenbaren Ziele beinhaltet, so zeichnet er zumindest die Breite der Aufgaben. Eines wird aber auch in diesem Plan deutlich: die Endhinderung unserer Gesellschaft ist eine Aufgabe, die neben gesetzlichen Regelungen auch finanzielle und personelle Ressourcen fordert.

Aktuell gibt es eine heftige Auseinandersetzung zwischen dem Land und den Kommunen darum, wer denn die Kosten für die Inklusion in den Schulen tragen soll: das Land stellt sich auf den Standpunkt, es habe schon genug für die Schulen getan – der Rest sei Sache der Kommunen und von Ihnen auch zu finanzieren.

Wenn es nicht so traurig wäre, müsste man lachen: Ausgerechnet die Kommunen, von denen die meisten nicht wissen, wie sie ihre laufenden Ausgaben stemmen können, sollen die Kosten für diesen gesellschaftlichen Umbau stemmen. Wenn das die Position der Landesregierung bleibt ist eines gewiss: Inklusion als gleichberechtigte Teilhabe wird nicht stattfinden. Entweder werden Förderschulen einfach geschlossen, ohne dass im allgemeinen Schulsystem entsprechende fördernde Ressourcen zur Verfügung stehen. In diesem Falle können die Kommunen und auch die Landesregierung sogar noch viel Geld „sparen“. Oder es bleibt wie es ist: exklusive Schulen, die Kinder und Jugendliche mit Handicaps eben keine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gewährleisten. Wobei das letzte für die Betroffenen dann das Bessere zu sein scheint. Nur ist es eben keine Inklusion. Als „Sparmodell“ funktioniert Inklusion nicht.

Und wieder sind wir beim Thema Geld!

Ja, die Kommunen brauchen Geld, für die Umsetzung von Inklusion, für öffentliche Daseinsvorsorge, die unsere Städte und Gemeinden zu lebendigen und lebenswerten Orten für alle macht. Und dieses Geld sei nicht da, hört man von allen Seiten.

Wir sagen – gemeinsam mit der immer breiter werdenden Bewegung für eine gerechte Umfairteilung von gesellschaftlichem Reichtum – das Geld ist da: Die Steuerpolitik von Bund und Ländern in den letzten 10 Jahren hat es der öffentlichen Hand entzogen und den privaten Reichtum ungeheuer anwachsen lassen. Eine Vermögensabgabe und die Wiedereinführung von Vermögenssteuern, die grundgesetzkonforme Besteuerung von Erben und eine Gemeindewirtschaftssteuer, die auch die Freiberufler erfasst, könnten den Kommunen und dem Land die finanziellen Mittel zuführen, die es zur Bewältigung seiner Aufgaben braucht.

Dann kann auch der LWL ausgeglichene Haushalte beraten und beschließen, die nicht auf Personal- und Leistungsabbau beruhen. Er könnte seinen Teil zu einer für alle lebenswerten Gesellschaft beitragen.