Fraktion in der
Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe

Haushaltsrede 2012

Herr Vorsitzender ,
Herr Landesdirektor,
meine Damen und Herrn,

heute liegt uns wieder ein Haushalt zur Verabschiedung vor, mit dem der Landschaftsverband trotz gekürzten Leistungen neue Schulden machen wird.
Wie diese Schulden jemals abgebaut werden können, steht in den Sternen. Denn die Haushaltslage fast aller unserer Mitgliedskommunen ist trotz Wirtschaftsboom und angeblich sprudelnder Steuereinnahmen kaum besser geworden.
Allein im abgelaufenen Jahr hat der Landschaftsverband über die Hälfte dessen, was als Puffer für vorübergehende Liquiditätsengpässe gedacht war,  zur Finanzierung der regulären Leistungen ausgegeben.
Wenn sich die Einnahmen nicht erhöhen – und die Abschwächung der Konjunktur lässt eher das Gegenteil befürchten – dann werden in Zukunft mit neuen Sachzwängen unter neuen Notlagen der Mitgliedskommunen auch die Leistungen für die Menschen mit wesentlichen Behinderungen nicht mehr zu finanzieren sein.
Das wollen wir nicht – und deshalb muss etwas passieren:

Die Kommunen – und wir als kommunaler Verband – brauchen mehr Geld!
Wenn in ganz Europa Banken gerettet werden mit immer neuen Rettungsschirmen dann sagen wir: Die Kommunen brauchen diese  Rettungsschirme viel nötiger und sie haben sie mehr verdient!
Das zentrale Problem der Gemeindefinanzen und auch der Umlagen liegt in der strukturellen Unterfinanzierung. Dem Gutachten der Professoren Junkernheinrich und Lenk ist es zu verdanken, dass wir diese Unterfinanzierung jetzt auch beziffert können. Über 2,8 Milliarden Euro fehlen der „kommunalen Familie“ in Nordrhein-Westfalen aktuell, um die ihr übertragenen Aufgaben finanzieren zu können.
Es ist zu wenig Geld da. Und dieses Finanzloch können wir im Landschaftsverband mit noch so viel Kürzen und Streichen nicht ausgleichen. Dazu brauchen wir einfach mehr Geld.

Im Artikel 28 des Grundgesetzes ist das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen geregelt. Ohne Finanzen funktioniert keine Selbstverwaltung. Deshalb haben die Länder eine besondere Verpflichtung für die Finanzausstattung der Gemeinden.
Statt dieser Verpflichtung nachzukommen haben die Landesgesetzgebung und die Landesregierungen über Jahre und Jahrzehnte die ungesunden Kommunalfinanzen wesentlich mit verursacht. Und zwar in dreifacher  Hinsicht: alt

Zum einen ist das Land verpflichtet, im Rahmen seiner Möglichkeiten für eine ausreichende Finanzausstattung der Gemeinden und Gemeindeverbände zu sorgen. Dieser Verpflichtung kommt das Land in immer geringerem Maße nach. So ist die Schlüsselmasse für den kommunalen Finanzausgleich von 28,5 Prozent im Jahre 1983 auf 23 Prozent in 2011 gesenkt worden. Wäre der Anteil der Schlüsselmasse noch auf altem Stand hätten die Kommunen in Nordrhein-Westfalen im letzten Jahr 1,8 Milliarden mehr Einnahmen daraus bekommen. Dann wären wir alle nicht in diesem Schlamassel.
Auch der Anteil des LWL-Haushaltes, der durch Landesmittel finanziert wird, ist von ehemals 50 Prozent auf gut 15  Prozent gesunken. Würden noch heute  50 Prozent unserer Ausgaben durch Schlüsselzuweisungen des Landes finanziert könnten wir die Landschaftsumlage auf ca. 8 Prozent senken um zu den gleichen Ergebnissen zu kommen wie aktuell. Da würden sich doch alle Mitgliedskommunen herzlich freuen, oder???  Und auch Recklinghausen müsste nicht mehr so stöhnen.

Zum Zweiten hat das Land nicht nur den Kommunen immer weniger Finanzanteile zukommen lassen,    sondern ihnen auch noch direkt oder indirekt in die Kasse gegriffen. Es hat den Kommunen immer neue Aufgaben übertragen ohne ihnen dafür die nötigen Finanzen zur Verfügung zu stellen.  Auch nach der Verankerung der Konnexität in der Landesverfassung gibt es immer wieder Belastungen der Kommunalfinanzen , beispielsweise beim KIBIZ und  der  Versorgungsverwaltung,  die selbst nach erfolgreichen Klagen nicht vollständig ausgeglichen wurden.  Außerdem  wurden die Kommunen in der letzten Legislaturperiode durch Befrachtungen zur Finanzierung des Landeshaushaltes herangezogen.alt

Drittens vertritt die Landesregierung die Kommunen gegenüber dem Bund, der gleichfalls den Kommunen immer wieder Aufgaben übertragen hat ,  ohne ihnen diese Aufgaben auch  zu finanzieren. Gleichzeitig senkt der Bund ständig Steuern und sorgt auf diese Weise für abnehmende Steuereinnahmen der Kommunen.

Die Kommunen haben in den Gesetzgebungs-Verfahren des Bundes kein Beratungs- und Stimmrecht, sondern werden dort von den jeweiligen Landesregierungen vertreten. Wir müssen feststellen, dass die Landesregierungen in NRW die Interessen der Kommunen gegenüber dem Bund bisher völlig unzureichend vertreten haben. Sie sind ihrer großen Verantwortung gegenüber den Gemeinden nicht gerecht geworden.
Herr Löb hat im letzten Landschaftsausschuss auf ein richtungweisendes Urteil des Verfassungsgerichtes Rheinland-Pfalz hingewiesen. Dort wird insbesondere die Pflicht des Landes hervorgehoben, für eine ausreichende Finanzausstattung der Kommunen zu sorgen. Diesen Anspruch sollten wir auch als Landschaftsversammlung deutlicher formulieren.
Ich freue mich darüber, dass wir als LINKE für NRW da schon die richtige Antwort gegeben haben: So fordert die Linksfraktion im Landtag für den aktuellen Haushalt in einem ersten Schritt die Erhöhung der Verbundmasse von 23 auf 25 Prozent. Das würde ca. 780 Millionen Euro mehr in die Gemeindekassen bringen. Für das Land wäre das auch nicht einmal eine große Belastung, denn damit würden  gerade ein Viertel der aktuellen Steuermehreinnahmen des Landes von drei Milliarden nur anders verteilt.
Haben die Kommunen, haben wir als zentrale Träger der Daseinsvorsorge von Menschen in diesem Land, das nicht verdient? Das wäre mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein und würde die Kommunen, die jetzt unter dem sogenannten Stärkungspaktgesetz ächzen und stöhnen, wirklich entlasten. Das wäre ein echter Schritt zur Konsolidierung der Kommunalfinanzen in diesem Land.

Klar, die Forderung an den Bund zur Einführung eines Teilhabegeldes bleibt auf der Tagesordnung. Das würde dann die Sozialausgaben entlasten, für die insbesondere der Landschaftsverband steht. Solange das Land aber seiner Verantwortung gegenüber den Kommunen nicht ausreichend nachkommt, würde auch ein Teilhabegeld die Finanzprobleme der Kommunen nur tendenziell entlasten.

Meine Damen und Herren,
die Landschaftsumlage ist die zentrale Einnahmequelle, über die die Mitgliedskörperschaften sich an der Finanzierung der Leistungen, die der LWL für sie erbringt, beteiligen.
Wir haben schon festgestellt, dass die Mitgliedskommunen vom LWL mehr Leistungen erhalten, als sie an Umlagen bezahlen. Besonders klar wird das bei der Behindertenhilfe. In 2010 zahlte der LWL an Behindertenhilfe rund 1,8 Milliarden Euro, während die Einnahmen aus der Landschaftsumlage bei rund 1,5 Milliarden lagen. Das heißt, dass alle Mitgliedskommunen auch finanziell davon profitieren, dass es den Landschaftsverband gibt und das er für sie arbeitet.
Trotzdem gibt es immer noch Kommunalvertreterinnen und –vertreter, die öffentlich unwidersprochen behaupten, dass die Landschaftsverbände sich auf ihre Kosten die Haushalte sanieren.
Abgesehen davon, dass es falsch und ärgerlich ist – es begründet eine falsche Abwehr-Strategie. Es ist falsch und kurzsichtig, wenn die Landschaftsverbände als Gegner ausgemacht werden. Nur wenn alle Kommunalen Ebenen, Gemeinden und Kreise, Städte und Landschaftsverbände gemeinsam eine auskömmliche Kommunalfinanzierung fordern, können wir bei Bund und Land auch Ergebnisse erzielen.

Und auch wenn Sie es nicht gerne hören: letztlich können unsere Finanzprobleme nur gelöst werden, wenn die Steuergeschenke der letzten 10 Jahre rückgängig gemacht werden und mehr Geld in die öffentlichen Kassen fließt.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.