Die folgende Rede wollte Rolf Kohn, Fraktionssprecher der Fraktion DIE LINKE. am 20. Movember 2014 in der Landschaftsversammlung halten.
Da die Mehrheit in der Versammlung jedoch beschlossen hatte, den Tagesordnungspunkt nicht zu behandeln, konnte er diese Rede jedoch nicht halten.
Wir möchten die nicht gehaltene Rede dennoch hier dokumentieren:
Meine Damen von der Verwaltung und verehrte Kolleginnen der Landschaftsversammlung –
Bitte hören Sie bei den nächsten drei Sätzen weg – diese gehen nur die Herren etwas an…
Sehr geehrte Kollegen, sehr geehrte Herren aus der Verwaltung,
wenn ich uns so betrachte, sind wir in den letzten fünf Jahren ganz schön alt geworden……
Aber was hat das mit unserer Resolution zur Ausgleichsabgabe zu tun? Sehr viel – denn mit ihr werden doch Arbeitsplätze gefördert und erhalten für Menschen mit einem bestimmten „Vermittlungshindernis“ einer Behinderung. Bei vielen von uns wäre das Alter ja auch ein Vermittlungshindernis und vielleicht haben wir uns ja auch eine Behinderung in den letzten Jahren erworben..
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ein zentraler Punkt der UN-Behindertenrechtskonvention ist die Auflösung der Sondereinrichtungen auch im Bereich der Arbeit. Menschen mit Behinderungen sollen in Regelbetrieben arbeiten, mit regulären Arbeitsverträgen und Arbeitsbedingungen. Mit einem Lohn, von dem sie leben können.
Der LWL ist durch seine Förderung von Arbeitsplätzen in Integrationsbetrieben und –abteilungen über die Ausgleichabgabe einen guten Weg gegangen. Er hat mit den Integrationsmessen und der Förderung der Beratungsstelle der Handwerkskammer Münster einen guten Weg im Sinne der UN-BRK eingeschlagen.
Und jetzt soll dieser Weg gestoppt werden? Dieser Erfolgskurs beendet werden? Und allein 40 bekannte Anfragen und Anträge – das könnten 400 Arbeitsplätze sein – werden auf Eis gelegt, nicht mehr bearbeitet?
CAP-Märkte in Herten und in Hamm, über die diskutiert wird und die sowohl Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen schaffen würden, als auch ein Schritt in Richtung eines inklusiven Sozialraumes, eines inklusiven Stadtteils bedeuten würden, sind in weite Ferne gerückt.
Ein Rückschritt, ein Debakel und letztendlich auch ein Makel für den LWL und uns, wenn, ja wenn wir nicht Alles machen würden, um diese Entwicklung zu verhindern!
Doch trotz dieses Erfolges müssen wir auch feststellen: Trotz sller Förderung arbeiten in Westfalen nur 1500 Menschen mit Behinderungen in Integrationsbetrieben. Und es arbeiten mehr als 41.000 Menschen in Sondereinrichtungen, in Werkstätten, das sind 27 mal soviel! Und trotz der Deckelung der Werkstattplätze beim LWL geht diese Schere weiter auseinander!
Sehr geehrte Damen und Herren,
Was heisst das? Das heisst, dass wir weitaus mehr Geld als bisher in die Hand nehmen müssen, um die UN-BRK umzusetzen, damit nach und nach jeder Mensch mit Behinderung einen Arbeitsplatz im Regelbetrieb bekommt, da wo alle Anderen arbeiten, inklusiv halt.
Das heisst, dass die Ausgleichsabgabe angehoben werden muss und natürlich als Erstes die Beschäftigungsquote. Nur so können wir die Entwicklung in Richtung inklusive Arbeit schaffen.
Unsere Fraktion ist von Einigen von Ihnen gebeten worden, daß wir heute die Resolution von der Tagesordnung nehmen, da ja noch Klärungsbedarf ist und von der Verwaltung noch Fakten angefordert werden. Dabei liegen doch alle Fakten vor:
Das Moratorium ist beschlossen, kein Arbeitsplatz wird mehr gefördert, und ein weiteres Auseinanderklaffen der Schere ist vorprogrammiert. Worauf wollen Sie warten?
Ganz abgesehen davon hatte ich Ihnen schon im Sozialausschuss Gespräche über die Resolution angeboten, hatten wir schon im Sozialausschuss unseren Antrag deswegen zurückgezogen, um die Möglichkeit von Gesprächen zu geben – sie haben diese Möglichkeit jedoch nicht genutzt!
Sehr geehrte Damen,
Frau Irrgang, Frau Müller, Frau Pirscher, Frau Steininger-Bludau, Frau Rüschoff-Thale,
Sie wissen, daß es gerade für Frauen mit Behinderungen schwer ist, einen Arbeitsplatz zu bekommen. So müssen wir doch auch in diesem Sinne Alles dafür tun, daß das Angebot an Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderungen insgesamt und insbesondere für Frauen wächst.
Sehr geehrte Damen und Herren,
In unserem Wirtschaftssystem, dem kapitalistischen, geht es um die bestmögliche Verwertung der Arbeitskraft. Menschen mit Behinderung haben da i.d.R. einen Nachteil auszugleichen. Es ist ja nicht umsonst so, daß viele Arbeitgeber Menschen mit Behinderungen nur einstellen, wenn dies gefördert wird. Und der Arbeitsplatz wieder weg ist, wenn die Förderung aufhört.
Deswegen kann ich sogar jeden Arbeitgeber verstehen, der Menschen mit Behinderungen nicht einstellt, wenn dieser Nachteil nicht ausgeglichen wird. Und der LWL hat ja nicht umsonst Förderungen langfristig angelegt.
Deswegen müssen wir für alle ArbeitgeberInnen die Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderungen erhöhen und auch die Ausgleichabgabe, damit die Konkurrenzbedingungen für alle gleich sind.
Sehr geehrte Damen und Herren
Ich fasse zusammen:
– Die Beschäftigungsquote muss sofort erhöht werden, damit der LWL seine erfolgreiche Arbeit der Schaffung bzw. Förderung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderungen in Integrationsbetieben fortsetzen kann
– Die Beschäftigungsquote muss schrittweise weiter erhöht werden, damit die UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt werden kann
– Die Ausgleichsabgabe muss so erhöht werden, daß zum Einen es sich nicht lohnt, sich von der Einhaltung der Quote freizukaufen, zum Anderen das Geld da ist, um neue Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen in großer Zahl zu schaffen.
Wer eine inklusive Arbeitswelt will, muss diese Resolution unterstützen!
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!