Die Landschaftsversammlung möge beschließen:
1. Die Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe fürchtet durch das derzeit von der EU-Kommission hinter verschlossenen Türen verhandelte Transatlantische Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) sowie das Abkommen mit Kanada (CETA) den Abbau von demokratischen Rechten und negative Konsequenzen für die grundgesetzlich garantierte kommunale Selbstverwaltung sowie die öffentliche Auftragsvergabe.
2. Die Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe lehnt eine weitere Liberalisierung des internationalen Dienstleistungshandels ab, welche Dienstleistungen der Daseinsvorsorge, wie z.B. im Bereich der Bildung, der Kulturförderung, der Gesundheit, sozialen Dienstleistungen, Abwasser- und Müllentsorgung, öffentlichem Nahverkehr oder der Wasserversorgung beinhaltet.
3. Die Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe fordert die Kommunalen Spitzenverbände auf, sich gegen das geplante Abkommen zu positionieren und entsprechend sowohl bei der Bundesregierung wie auch bei der EU-Kommission zu intervenieren. Die Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe begrüßt ausdrücklich den Beschluss des Hauptausschusses des Deutschen Städtetages vom 12. Februar 2014.
4. Die Verwaltung wird aufgefordert, die Beschäftigten sowie die Bürgerinnen und Bürger über die Auswirkungen der geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA zu informieren.
Begründung:
Seit Sommer 2013 führt die EU-Kommission Verhandlungen mit den USA zu einem so genannten Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) sowie mit Kanada zum CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement).
Mit diesen Abkommen soll die größte Freihandelszone der Welt entstehen. Bei den Abkommen geht jedoch weniger um den Abbau der ohnehin schon niedrigen Zölle, als vielmehr um den Abbau von zahlreichen Regelungen, die als „Handelshemmnisse“ empfunden werden. Bisher werden die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen geführt. Dennoch gibt es berechtigte Befürchtungen, dass damit zahlreiche europäische und deutsche Standards in vielen Bereichen gefährdet werden. Mehr noch: In Zukunft wird es schwierig werden, weitergehende soziale und ökologische Standards durchzusetzen. Es geht um nicht weniger als eine schwerwiegende Gefährdung des Umwelt-, Gesundheits-, Verbraucher- und Datenschutzes in Deutschland, unserer mittelständischen Wirtschaft und nicht zuletzt auch unserer rechtsstaatlichen Prinzipien.
Ein zentraler Kritikpunkt ist der sog. Investorenschutz, ein Sonder-Klagerecht für Unternehmen. Demnach soll für ausländische Konzerne die Möglichkeit geschaffen werden, vor Schiedsstellen gegen Staaten klagen zu können, wenn Gesetzesänderungen ihre Investitionstätigkeiten oder Gewinnerwartungen einschränken. Dadurch wird ein zweites völlig intransparentes Rechtssystem geschaffen und die gängigen Rechtswege werden ausgehebelt. In der Konsequenz steht zu befürchten, dass Staaten künftig lieber auf Verbesserungen im Verbraucherschutz, bei Sozialstandards oder im Umweltbereich verzichten, als sich mit transnationalen Großkonzernen anzulegen. Aktuelles Beispiel für einen solchen Schutz privater Interessen ist die Klage des schwedischen Vattenfall-Konzerns, der nach dem Atomausstieg über ein Schiedsverfahren die Bundesrepublik auf 3,7 Mrd. Euro Schadensersatz verklagt.
Das Verhandlungsmandat umfasst auch kommunal-relevante Bereiche, wie die kommunale Daseinsvorsorge und das öffentliche Auftragswesen. Es ist zu befürchten, dass das Abkommen gravierende Auswirkungen auf kommunale Unternehmen und die Daseinsvorsorge mit sich bringen wird.
Der Hauptausschuss des Deutschen Städtetages hat deshalb schon am 12.2.2014 u.a. folgendes beschlossen:
„Vor diesem Hintergrund fordert der Hauptausschuss die Bundesregierung auf, sich gegenüber der EU-Kommission mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass die kommunale Daseinsvorsorge, darunter insbesondere die nicht liberalisierten Bereiche, wie die öffentliche Wasserver- und Abwasserentsorgung, die Bereiche Abfall und ÖPNV, soziale Dienstleistungen sowie alle Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge im Kulturbereich, vom derzeit mit den USA verhandelten Freihandelsankommen – und allen weiteren Handelsabkommen – explizit ausgeschlossen wird.
Der bisherige Prozess der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen EU-USA ist in höchstem Maße intransparent und vernachlässigt erheblich die Rechte der gewählten Parlamentarier auf europäischer, nationaler und Länderebene sowie die der Kommunen. Der Hauptausschuss fordert die EU-Kommission auf, das Mandat über die Verhandlungen offen zu legen und über den Verhandlungsprozess regelmäßig zu berichten. Die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit müssen auch in Streitfällen gelten.“
Mit freundlichen Grüßen!
Barbara Schmidt
(Fraktionssprecherin)