Fraktion in der
Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe

Antrag der Fraktion DIE LINKE. Die PARTEI
Resolution
Eingliederungshilfe für Menschen mit wesentlichen Behinderungen Finanzierung fair verteilen – Kommunen entlasten!

Beschlussvorschlag:


Die Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe erwartet für die Eingliederungshilfe für Menschen mit wesentlichen Behinderungen im Sinne einer lastengerechteren Verteilung der Finanzverantwortung,

  1. dass der Bund, der für die Sozialgesetzgebung zuständig ist, sich dynamisch und dauerhaft sowohl an der Grundlast an Eingliederungshilfe als auch an den Kostenfolgen des BTHG beteiligt und
  2. dass das Land NRW im Bundesrat bei den durch Bundesrecht ausgelösten Finanzbedarfen aus der Eingliederungshilfe darauf achtet, dass die Kommunen nicht zusätzlich belastet werden.

Begründung:


Die Landschaftsversammlung bekennt sich zur Eingliederungshilfe als wichtigste Fürsorgeleistung für Menschen mit wesentlichen Behinderungen sowie zur Umsetzung eines neuen Teilhaberechtes, das den Zielen der UN-Behindertenrechtskonvention vom 13.12.2006 entspricht und den berechtigten Wünschen der Menschen mit Behinderungen angemessen nachkommt. Dabei muss jedoch die Finanzierung der Teilhabeleistungen dauerhaft sichergestellt werden.

Nirgendwo anders ist der Finanzierungsdruck auf die kommunalen Haushalte so hoch wie im
2/2 Bundesland Nordrhein-Westfalen, da hier die Eingliederungshilfe im Unterschied zu anderen Bundesländern vollständig kommunal finanziert wird und allein etwa ein Viertel der bundesweiten Bruttoausgaben zu schultern sind.

Im westfälisch-lippischen Landesteil, insbesondere in der Metropole Ruhr, führt die Finanzierungslast und -dynamik dieser Ausgaben die Kommunen schon längst an die Grenze ihrer finanzwirtschaftlichen Belastbarkeit. Für den ungebremsten Ausgabenaufwuchs sind in erster Linie Einflüsse ursächlich, die von der kommunalen Ebene weder gesteuert noch geplant werden können.

Zu nennen sind nicht nur die ohnehin seit Jahren zu beobachtenden Fallzahl- und Fallkostenanstiege in der Grundlast, sondern vielmehr auch die Kostenfolgen aus dem Bundesteilhabegesetz (BTHG), das seit dem Jahr 2017 schrittweise umgesetzt wird. Seit dem Jahr 2018 werden die Kommunen in Deutschland zwar im Umfang von fünf Milliarden EUR jährlich durch den Bund entlastet. Aufgrund der gewählten Verteilungswege über die Umsatzsteuerbeteiligung und die Beteiligung an den Kosten der Unterkunft besteht jedoch keinerlei Zusammenhang mehr zur Eingliederungshilfe. Zudem wächst diese Entlastung nicht mit der allgemeinen Ausgabenentwicklung und neuen gesetzlichen Standards in der Eingliederungshilfe mit, sodass diese Entlastung heute bereits entwertet ist.

Vom Land NRW gibt es für die pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe der Eingliederungshilfe seit jeher keine Erstattung. Der Kreis Recklinghausen z.B. als bevölkerungsreichster Landkreis Deutschlands zahlt im westfälisch-lippischen Landesteil die zweithöchste Landschaftsumlage an den LWL, über die im Kern die Eingliederungshilfe des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe zu finanzieren ist. Im Jahr 2023 wird die Landschaftsumlage im Kreishaushalt die Schallmauer von 200 Mio. EUR voraussichtlich durchbrechen. Der Anteil der Landschaftsumlage an der Kreisumlage beträgt inzwischen fast die Hälfte, Tendenz steigend. Die Landschaftsumlage ist wiederum über die Kreisumlage letztlich von den zehn kreisangehörigen Städten im Kreis Recklinghausen zu finanzieren, die allesamt Mitglied im Stärkungspakt Stadtfinanzen waren und deren derzeitiger Kassenkreditbestand sich auf einen Betrag von insgesamt knapp 1,5 Mrd. EUR beläuft. Deren Finanzierungsanteil an der Eingliederungshilfe ist jeweils höher als die Ausgaben für erzieherische Hilfen und die Ausgaben für die Kindertagesbetreuung (Kita) sowie für die Offene Ganztagsschule (OGS). Vor allem mit Blick auf die Städte im Kreis Recklinghausen wird daher deutlich: Die Kommunen kommen gegen die Ausgabensteigerungen in der Eingliederungshilfe alleine nicht mehr an!